Fotoroman Bisamberg
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| Ich fotografiere den Bisamberg, und so geht es, in diesem Beispiel liegt blitzerhellt die Natur des Menschen. Jedes Foto eine Art, wie Landschaft zu mir steht. Wovon ich träume. Schatten verlöschen, ich trete ein. Hier – ein Mensch im Zentrum des Weltalls, bemüht, die Welt auszumessen mit der Wissenschaft dem Auge voran. Steppengräser auf dem breiten Rücken im Norden Wiens. Bleibt nur das Wort oder kann man Seele sehen? Hat sich diese Landschaft natürlich entwickelt? Jetzt überrascht es jeden Augenblick. Ich krieche hindurch, blutiggerissen, verfolgt, ich fliege: Menschenpaare verschwinden, Unordnung herrscht. Ich stehe an der Schwelle. Wörter jenseits der Hindernislinie des Verstandes, trotzdem fliegen sie gleichsam von verschiedenen Seiten aufeinander zu und vereinigen sich. In unserem Weinberg. Dort in der Ferne. Sie sehen Hainbuchenmischwald, Gestrüpp und Wohnblöcke. Der Aufbau ist einfach, die Abfolge programmatisch. Gegen den Panzer des schwachen Gesichtssinns! Ich bin der Sender, er ist in meinen Herzschlägen versteckt, er ragt empor, der Held, bis in den Himmel. Aufrührerische Botschaften, in denen ich mich euch verbinden will: Irrwege gehen! So wechselt der Reihe nach ja und nein. Auf unsere Dummheit hoffen, um Gottes willen, soviel ihr wollt, betrügen und betrogen sein. Die Verweise sind alle überdeutlich. Ich kümmere mich um die Erweichung des Verstandes, bin auf den Kopf gefallen, empfehle es jetzt weiter – mit pfeifendem Flügelschlag über die Startrampe hinaus, sonst verrecken wir noch vor Langeweile, jawohl. Aufmerksamkeit! Im Leben voller Mehrdeutigkeit haben wir natürlich Angst vor fremder Eingebung und folgen immer zuerst dem geraderen Weg. Seiner Grobschlächtigkeit entrinnen wir leicht, indem wir Gleiches mit Gleichem vergelten. Daher unverständig sein! Augen eine Handbreit über den Horizont und atmend. Der Acker haucht entgegen, er verfärbt sich, ein direkter Aufruf ans Volk der Gefühle. Tier oder Punkt der Schönheit springt ins Auge, manchmal ist das eine Flucht ins Glück. Und auf einmal wird der Wille geboren zum freien Milieu, es tritt wie leuchtend aus dem Schatten. Eine Hochzeit des Auges oder zumindest ein Wink. Ein silbriger auf der Fläche des Papiers, insgeheim vielleicht eine Art Musterbuch oder Bruchstück meines Arbeitseifers. Ein Landschaftsgebiet als Lebensgebiet mit seinen Möglichkeiten, wie ich es sehe. Allem ist ein Erinnern beigemischt – aus Vorstellungen werden vertraute Kulissen, wir spüren überall die menschliche Hand. Eine kolonisierte Natur, die bereitsteht. Ihr Stoff verwandelt sich in eine Frage: Was bedeutet all das unter der fremden Hülle? Mit ausgebreiteten Armen, einer Art nervöser Inbrunst, nähere ich mich ihm, denke mir, die Gefahren sind alle besiegbar. Wie ein Tempel oder heiliger Hain, von allen Seiten betretbar, auf unzähligen Wegen, die zu scheinbar schönsten Zielen führen. Zersplitterte Botschaften, verschmutzte Häuschen, Schlehen, Gras meterhoch. Oder der Prospekt eines langen Feldes, einer leeren Bank, verfliegend. In rascher Schnelle rutscht das Auge über Angelegenheiten geringerer Wichtigkeit, bis ich mitten im Satz innehalte. Sind das etwa Reize, die einzig in meiner Einbildung bestehen? Achtung Rodelbahn, man schiesst. Die Stimmung kann unversehens umschlagen. Immer wieder trete ich ein. Rechts vielleicht ein Garten, links eine Art furchtbarer Ausbeutung. Ganze Friedhöfe voll brauner Erde, aus denen nur selbstmörderische Sprünge befreien. Hilft hier jemand? Wo kann ich es lernen und wie finde ich es? Im kalten winterlichen Licht kommen die Gefühle zur Ruhe. Solches Licht nivelliert, bringt Gefasstheit. Schaut her, bitte, der Fingerzeig! Wir dränge alle hin, gehen aber gleich verloren, siehst du, es ist ja leer, das Gestrüpp, die Blätterhaufen. Der hübsche Tisch ist unbesetzt. Aber um nochmals darauf hinzuweisen – Sinn und Zweck des Senders bestehen wie eh und je. Allerdings, wo bleibt die wohltätige Wirkung, die ich mir davon erhoffte? Obwohl die Wahl der Worte und überhaupt die ganze Art der Berichterstattung vermutlich reinste Empfindungen auslösen könnte. Ja sogar Wünsche würden mitteilbar durch das Geflecht meiner Beobachtungen, auf eine Weise, die dem gesunden Menschenverstand unzugänglich ist. Speicher sind das einer kombinatorischen Kraft, die andererseits an Idiotie grenzt, an mechanisches Vermögen von Debilen. Nicht blosses Wunschdenken schafft diese Entsprechungen. Man merke sich gewisse Signale und gewinnt so bald spielerisch eine Fülle von Aufschlüssen. Der intuitiven Wahrnehmung liefert jeder noch so kleine Trick Anzeichen für den wirklichen Stand der Dinge. Ich möchte meine Spekulationen jetzt publik machen, hoffentlich gelingt mir das in diesem Bereich. Die Natur einfangen und die gemachten Bilder sprengen oder so ähnlich. Deklarationen dieser Art können durchaus hilfreich sein, behaupte ich, sie kommen auch von Herzen. Schliesslich bedarf es nur einer kleinen Übereinkunft zwischen uns allen und einer wohlwollenden Versenkung in den Gegenstand, die story, in die überaus bekannten Hintergründe jeder Art von Verknüpfung. Diese sind allerdings seit langem in einen Zustand hoffnungsloser Verwilderung bzw. völliger Vergessenheit geraten. Wir sehen da nicht durch, auch wenn es noch so simpel zugeht. Also habe ich begonnen, die Bilder von dort an die Oberfläche hervorzuholen, sie vor Augen zu führen. Kapiert? Es könnte paradiesisch sein. Senken wir den Blick, lassen wir uns nicht unterkriegen, heben wir nur selten die Lider. Damit wir resistent werden. Auf leisen Sohlen abbiegen lernen, dem Winde zu, und nie zurückschauen. Mir gibt es dann jedesmal einen Stich, die befremdliche Ansicht vertieft sich, mir wird schwindlig, ich eile weiter. |