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        Dann explodiert mein Leben wie eine Bombe. 
          Diesmal ist das Fleisch nicht schwach. Sie beginnt, in einem seltsam 
          sanften Tonfall zu sprechen. Ich spüre eine Schwäche in mir, 
          eine Lethargie, als sei ich ausgeblutet. Niemand akzeptiert sie bis 
          jetzt. Es stört mich nicht. Lass die Leute... muss in Bestform 
          sein und härteste Tests bestehen. Sie wettet ihr Leben gegen die 
          Zukunft. Ich frage mich, ob so ein Job mir liegen würde und ob 
          ich die Richtige dafür bin. Wir sprechen nicht miteinander. Es 
          gibt nichts zu sagen. Alles ist vorbereitet. Alles. Ich lege die Arme 
          schützend vors Gesicht. Sie ist zufrieden. Sie ist jung, kennt 
          ihre Stärken und Talente, ihre Fähigkeiten und Schwächen. 
          Ich mache es mir auf meinem primitiven Nachtlager bequem und falle in 
          einen leichten Schlummer. Die Nacht ist voller Sturm und Raserei. Ich 
          bin sofort vollkommen wach, alle Sinne sind gespannt. Mit geschlossenen 
          Augen und unbeweglichem Gesicht liege ich da und lasse Nasen und Ohren 
          arbeiten. Ich weiss, dass ich Zeit habe. Nicht viel, aber ein wenig. 
          Es ist inzwischen heller Tag geworden. Fast unmittelbar verändert 
          sich der Charakter der Umgebung. Sie kennt alle Tricks und Kniffe. Während 
          ich laufe, suche ich nach etwas. Ich hocke mich hinter den Felsen und 
          warte geduldig. Sie haben mich auf die Probe gestellt und gequält. 
          Mich verhöhnt. Mir zugemutet, was kein Durchschnittsmensch überstanden 
          hätte. Aber ich bin kein Durchschnittsmensch und habe es überstanden. 
          So überlebe ich jahrelang, halte durch, erringe Sieg auf Sieg, 
          über mich selbst und andere, und stehe nun hier vor meiner letzten 
          Prüfung... Mir fällt ein, dass ich eigentlich gar nicht weiss, 
          wo das Problem liegt. Aber ich habe ohnehin meine eigenen Pläne. 
          Der heutige Tag ist leicht gewesen. Morgen wird es anders sein. Ich 
          höre auf, an morgen zu denken. Oder an gestern. Ich weiss, wie 
          man im Heute lebt. Von diesem Aussichtspunkt kann ich mein ganzes Miniaturkönigreich 
          überblicken. Es gibt Arbeit. Bleib am Treffpunkt. Mich überrascht, 
          wie aufgeregt ich tatsächlich bin - das ist befremdlich. Denn ich 
          habe dieses Superwesen selbst geschaffen. Der Text wird von beiden Parteien 
          als rechtsgültiger und bindender Vertrag betrachtet... er impliziert, 
          dass die Tätigkeit meiner physischen und psychischen Gesundheit 
          ausserordentlich gefährlich werden kann. Ich bin eine Person ohne 
          Rechtsanspruch. Sehr ordentlich. Klar und einfach. Mir gefällt 
          fast alles an ihr: ihre Kaltblütigkeit, ihre Haltung, die Andeutung 
          verborgener Kraft. Auch gelegentliche Anzeichen von Starrsinn, Eigenwillen 
          und Unabhängigkeit gefallen mir. Und ihr tiefer Argwohn. Hier ist 
          eine Frau, die nichts in gutem Glauben annimmt, nichts unbezweifelt 
          lässt. Eine Frau, die Beweise will. Physisch perfekt. Psychisch 
          perfekt. Und doch ... ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen. Ich 
          habe noch nie so versagt. Meine ganze Methode ist darauf ausgerichtet, 
          einen Menschen völlig umzukrempeln, ihm keine Geheimnisse zu lassen, 
          ihm, wenn möglich, sein seelisches Gleichgewicht und seine Menschenwürde 
          zu nehmen, ihn zu einem schwitzenden, sich krümmenden Wrack zu 
          reduzieren. Es ist brutal, es ist grausam, aber das soll es ja auch 
          sein. Wenn es eine Schwäche gibt, finde ich sie. Ausserdem habe 
          ich das Gefühl, als hätte ich nicht die richtigen Fragen gestellt. 
          Oder wenigstens nicht die eine richtige Frage. Ich glaube, es hat etwas 
          mit ihren Beweggründen zu tun. All das vielleicht. Aber auch noch 
          anderes. Etwas, das ich nicht einmal erraten kann, obwohl ich weiss, 
          dass es da ist. Sehen wirs mal so: Wir sind nicht eingesperrt in das 
          Bild, das wir uns von uns selber machen. Es könnte auch ganz anders 
          sein ... Sie wird nämlich immer etwas zurückhalten. Ihren 
          innersten Kern. Du kannst ihre Dienste kaufen, aber nicht sie selbst. 
          Du kaufst keinen Automaten. Es ist dunkel geworden. Harmlos. Schwindel. 
          Falls alles klappt.  
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Es ist ein grausames Land mit grausamen 
          Stürmen, grausamen Gebirgen und grausamen Menschen. Ein furchterregendes 
          Gebirge voll wüster Stürme, Schneefälle und Steinlawinen. 
          Sollen die sich Sorgen darüber machen. Jeder weiss das. Ich bin 
          nicht einmal ganz sicher, für wen ich eigentlich arbeite. Ich habe 
          nichts gegen den engen Raum und die Unbeweglichkeit. Also sitze ich 
          in der Dunkelheit, eingezwängt in meine Einzelzelle, und warte. 
          Es muss beim ersten Mal klappen. Einen zweiten Versuch gibt es nicht. 
          Sie wirbelt durch einen finsteren Abgrund, durch Leere, und dreht sich 
          schwebend im Nichts. Noch kein Grund zur Sorge. Nichts hat sich je so 
          gut angefühlt. Ich verbringe die nächsten fünf Minuten 
          mit einer sorgfältigen Einschätzung des Windes und der Landschaft, 
          des Himmels, der Wolken- und Felsformationen. Glück gehabt. Nicht 
          zu nah natürlich, ich will keinen Ärger. Sie werden ihr Opfer 
          überwältigen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Ich habe nicht 
          die leiseste Absicht, in die Sache verwickelt zu werden. Sie hat jetzt 
          aufgehört, sich zu wehren. Gut. Sie hat nicht die Nerven verloren. 
          Aber es ist immer noch nicht vorbei. Manche beginnen, hysterisch zu 
          weinen. Mach dich nicht zur Zielscheibe. Ich muss die Zeit genau abpassen. 
          Je schneller es vorüber ist, umso besser. Fertig? Sie nickt und 
          schliesst die Augen. Ist alles synthetisch? Nicht alles. Der Augenblick 
          geht vorüber. Es gibt kein Geld. Wir sind arme Leute. Das Dumme 
          an der Sache ist, dass sie recht hat. Einfach so. Weg. Ich glaube, sie 
          wartet auf eine Nachricht. Wir machen uns auf, sobald die Sonne untergeht. 
          Die Sonne ist glühend heiss, aber der Mond bringt klirrende Kälte. 
          Falsch. Ich weiss das, obwohl ich meinen Instinkt nicht analysieren 
          kann. Vor mir lauert Gefahr. Ich liege vollkommen still. Gerade die 
          Einzelheiten sind es, die mich interessieren. Ich sehe es natürlich, 
          ich bin nicht von gestern. Eine saubere Erpressung. Was ist los? Ist 
          das Kind in Ohnmacht gefallen? Was? Das ist bloss so eine Redensart... 
          Jedenfalls brauchen wir mehr Anhaltspunkte. Wir können nichts unternehmen, 
          so lange sie sich nicht mehr exponieren. Sie zögert und windet 
          sich und sagt, sie sehe nicht, wie das zu machen sei. Es ist nicht fair. 
          Lenk sie einen Moment ab. Sie wird überhaupt nichts davon merken. 
          Und das wünsche ich mir: einen ungehinderten Redestrom, brauchbare 
          Auskünfte. Ein bisschen Terror kann nicht schaden. Sie muss im 
          Delirium gelegen haben. Steh auf. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. 
          Du kannst gehen. Der Pfad führt ständig bergab. Je tiefer 
          wir kommen, desto dichter wird die Vegetation. Der Wind legt sich. Kurze 
          Zeit später bemerke ich, dass sie nicht wirklich zuhört. Warum 
          gerade jetzt? Später. Später ist noch Zeit genug für 
          Pläne. Hier sind wir im Moment sicher. Es kümmert mich nicht, 
          dass ich ihr weh tue. Später werde ich sanft sein - jetzt bin ich 
          ein Tier. Sie beginnt zu schluchzen und zu schreien. Niemand kann einem 
          das erzählen. Jeder Nerv liegt bloss. Sie schreit. Totenstille 
          jetzt. Kein Wind. Nichts rührt sich. Das ist unnatürlich und 
          macht mich noch vorsichtiger. Und langsamer. 
          
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Fast hätte ich mich übergeben: 
          eine Kombination aus Leichenhaus, Latrine und Pestloch. Ein Gestank 
          nach Fieber und alten Knochen. Du musst sie jetzt fragen, jetzt gleich! 
          Mach es auf deine Weise, in deiner Sprache, aber mach es so kurz wie 
          möglich. Meine Gedanken laufen weit voraus. Hier soll eine Passage 
          sein? Ich kann es kaum glauben. Sie atmet und spricht. Wie lange noch, 
          weiss ich nicht. Es gibt Stellen, an denen man sich festhalten kann 
          - vorausgesetzt, man findet sie. Sie hält besser durch als erwartet. 
          Dann schweifen meine Gedanken ab. Ich beginne, Pläne für die 
          Zukunft zu machen, ohne wirklich sicher zu sein, dass es eine Zukunft 
          geben wird. Rendezvous wie geplant. Viel Glück. Sie lächelt 
          grimmig. Wahrscheinlich mache ich mir unnötige Sorgen. Nicht mehr 
          lange, denke ich. Es wird kälter. Der Pfad wird schlechter. Nichts, 
          um sich festzuhalten. Sie bekommt einen Krampf. Sie schreit schwach 
          und beginnt, um sich zu schlagen. Meine Reaktion kommt gedankenschnell. 
          Aber ich darf mich nicht überschätzen. Ein einziger unvorsichtiger 
          Schritt, eine falsche Bewegung kann alles zunichte machen. Schau dir 
          das an! Ich glaube, wir bekommen eine Sondervorstellung. Vielleicht 
          eine Kombination von beiden? Ich verstehe nicht genug davon. Sie ickt 
          resignierend. Es muss sein. Sie steht jetzt genau an der Schwelle. Sie 
          soll mit dem Finger zeigen. Geh alles durch. Dann noch einmal. Und noch 
          einmal. Ich beginne, Vorbereitungen für die Nacht zu treffen. Ich 
          muss mich diskret zurückziehen und warten. Ein Fehler, einmal falsch 
          gezählt, und alles ist vorbei. Ich liege auf dem Bauch und spüre, 
          wie mir der kalte Schweiss über die Kopfhaut läuft. Was jetzt? 
          Alles ist still und dunkel. So weit, so gut. Sie verdient eine Chance. 
          Das ist alles, was ich ihr geben kann: eine Chance. Sie ist irgendwie 
          verrückt - eine brillante Verrückte, ohne Zweifel, aber bisher 
          hat sie weder Furcht noch Unruhe gezeigt. Sie scheint das Ganze für 
          einen Witz zu halten. Die haben uns die Tür vor der Nase zugeknallt. 
          Ich überlege hin und her - es gibt noch einen Ausweg. Oh, Baby! 
          Das wird eine schöne Schneeballschlacht. Paradoxerweise ist es 
          ganz einfach... Hat jemand von euch dieses Zeug schon einmal gesehen?  
        
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